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Raus aus dem Hamsterrad - Ein neues Leben in der Bretagne

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Regine Rompa (© Objectif naturel/Pénélope Secher)

Heute erscheint im Rowohlt Verlag das Buch „Unser Hof in der Bretagne“. Die Autorin Regine Rompa erzählt darin ihre eigene Geschichte: Zusammen mit ihrem Freund Anton ist sie von Berlin in die Bretagne ausgewandert.

 

Das Ziel: ein einfacheres Leben zu führen, möglichst im Einklang mit der Natur. Auf einem alten Hof im Morbihan bauen die beiden ihr Essen so weit wie möglich selbst an, halten viele Tiere und haben ein offizielles Wildtierschutzgebiet gegründet.

 

Der größte Unterschied zu ihrem alten Leben: Sie haben Zeit.

 

Kennengelernt haben wir uns über Facebook, sind uns aber leider noch nie persönlich begegnet. Aber das kann ja noch kommen! Bis es soweit ist, stand sie mir in einem Interview Rede und Antwort.

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Regine, warum wolltest du überhaupt aus Deutschland weggehen?

 

Mein Freund Anton und ich haben in Deutschland am Ende eigentlich fast nur noch gearbeitet – er als Software-Entwickler, ich als Redakteurin und Autorin. Wir waren ziemlich ausgebrannt. An einem Abend in unserer Lieblingspizzeria am Petersburger Platz haben wir uns eingestanden, dass es so nicht weitergehen kann. Wir wollten etwas Sinnvolleres mit unserer Lebenszeit machen als nur zu arbeiten. Wir haben deshalb einen radikalen Schnitt gewagt: Job gekündigt, Wohnung verkauft, in ein gemietetes Wohnmobil gezogen und von dort aus nach einem sinnvollen Plan für unser Leben gesucht.

 

Wie seid ihr gerade auf Frankreich gekommen?

 

Ganz ehrlich: Das war Zufall. Zuerst haben wir uns mit dem Wohnmobil in Süddeutschland nach Höfen umgeschaut. Wir wollten ein einfacheres Leben mit weniger Konsum – so wäre auch weniger Arbeit nötig und wir würden mehr Zeit haben. Wir hatten die Idee, dass wir unsere Nahrung so weit wie möglich selbst anbauen: weil es ökologischer ist, aber auch weil wir so immer frisches und gesundes Essen haben würden. Und wir wollten Tieren in Not ein gutes Zuhause geben.

 

Allerdings waren die Höfe in Süddeutschland zu teuer für uns. Und es gab wenig Auswahl für unser Hauptkriterium: mindestens 10.000 m² Land. Wir hatten gelesen, dass es so viel braucht, damit sich zwei Vegetarier weitgehend mit Nahrung selbstversorgen können. Als der Winter kam und es im Schwarzwald im Wohnmobil immer kälter wurde, sind wir nach Frankreich gefahren – und dann immer weiter nach Westen.

 

Per Zufall haben wir dort in der Bretagne gesehen, dass ein alter Hof zum Verkauf angeboten wurde. Wir haben nur den einen Hof besichtigt und danach sofort ein Angebot gemacht. Es war sofort klar: Hier wollten wir unseren Plan umsetzen!

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Das neue Zuhause von Regine und Anton: der Hof ist über 200 Jahre alt (© Objectif naturel/Pénélope Secher))

Das war ja wirklich eine sehr spontane Entscheidung. Hast du denn Französisch gesprochen?

 

Klares Nein 😉. Ich hatte zwar in der Schule ein paar Jahre lang Französisch, konnte mich aber nicht mehr daran erinnern. Ich habe eigentlich nochmal bei Null angefangen.

 

Dann gab es anfangs sicher einige Hürden zu überwinden?

 

Nummer 1 waren auf jeden Fall die Sprachkenntnisse. Ich habe Kurse belegt (Tipp: Einzelstunden über Skype sind klasse, wenn man so ab vom Schuss wohnt wie wir; man kann sie zum Beispiel über www.preply.com relativ günstig buchen!), viel auf Französisch gelesen und auch angefangen, Filme auf Französisch zu schauen. Wir haben auch oft die Nachbarin besucht, um zu üben. Weil die Gegend bei uns so dünn besiedelt ist, freuen sich die Leute eigentlich über jeden Neuankömmling. Wir haben erstmal bei allen möglichen Dorfveranstaltungen reingeschnuppert und mussten dadurch sofort viel reden.

 

Hürde Nummer 2 war das Organisatorische. Auch wenn wir unseren Konsum drastisch heruntergefahren haben, mussten wir neben dem Anbau unserer Nahrung trotzdem noch ein bisschen am Computer arbeiten – wenn auch nicht mehr viel. Ich arbeite aktuell ca. 3–4 Stunden/Tag als freie Autorin und Redakteurin. Ich habe dafür eine Microentreprise gegründet und hatte zum Beispiel große Probleme, in das französische Krankenversicherungssystem aufgenommen zu werden. So habe ich dich ja kennengelernt. Mit deiner Hilfe hat zum Glück plötzlich alles ganz reibungslos geklappt. Ich kann jedem Neuankömmling nur ans Herz legen, sich gleich an dich zu wenden!

 

Ja, die französische Krankenversicherung ist oft das größte Probleme von Neuankömmlingen. Und gab es einen kulturellen Unterschied, der besonders positiv oder negativ auffiel?

 

Einen??? Haha, nein, so schlimm war es nicht! Dadurch dass mein Freund Niederländer ist und ich Deutsche und wir beide auch eine Weile zusammen in Australien gelebt haben, sind wir, glaube ich, für kulturelle Fettnäpfchen ein bisschen geschult.

 

Wirklich schlimm sind wir nicht in die Patsche geraten. Es gab aber schon lustige kleine Missverständnisse. Anfangs war es zum Beispiel total ungewohnt für uns, dass die Leute hier einfach vorbeikommen, ohne sich vorher anzumelden. Das ist aber wohl keine speziell französische Besonderheit, sondern einfach Landleben. Wir kannten das allerdings nicht und waren immer ganz überrascht, wenn Leute plötzlich einfach dastanden. Mittlerweile wissen wir, dass wir immer genug Getränke für spontane Besucher dahaben sollten.

 

Wie fühlst du dich heute in Frankreich, hast du das Gefühl, angekommen zu sein?

 

Zum wirklich Ankommen waren die Veränderungen, glaube ich, zu groß. Wir haben ja neben dem Land und unserem sozialen Umfeld auch unseren Lebensstil komplett verändert. Es fühlt sich immer noch vieles neu an, aber ich habe auf jeden Fall das Gefühl, wieder auf dem richtigen Weg zu sein.

 

Wir sind jetzt zwei Jahre hier. Ich mag die Landschaft in der Bretagne und die Menschen, die viel Zeit füreinander haben. Uns sind hier fast alle total nett und offen begegnet. Auch wir haben viel mehr Zeit: für unsere Tiere, den Garten und unsere neuen Freunde. Mittlerweile können wir uns auf Französisch einigermaßen ausdrücken, aber das würde ich gern in den nächsten Jahren noch deutlich verbessern. Auch sonst kann ich hier noch viel lernen: über Pflanzenanbau, Tiere und natürlich auch persönlich als Mensch. Ich genieße das und freue mich darauf!

 

 

 

Mehr über Regines Erfahrungen auf ihrem Selbstversorgerhof in der Bretagne in ihrem Buch: 

 

 

Regine Rompa: "Unser Hof in der Bretagne", Rowohlt Verlag

 

oder

 

auf ihrer Homepage: https://regine-rompa.de/


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