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Ausflugstipp: Die Höhle von Gargas

Grotte de Gargas
Die Höhle von Gargas

Der Südwesten Frankreichs erfreut sich schon seit sehr, sehr langer Zeit großer Beliebtheit: schon seit fast 40.000 Jahren ist die Gegend von Menschen besiedelt, die hier zahlreiche Höhlenmalereien und andere Artefakte hinterließen.

 

Neben den bekannten Fundstätten wie Lascaux, Niaux und Chauvet in Frankreich oder Altamira in Nordspanien gibt es noch viele kleinere, die auch einen Besuch wert sind. Ein Vorteil: der Besucheransturm hält sich in Grenzen und zumindest in der Nebensaison muss man nicht stundenlang warten.

 

Von Toulouse aus in 1,5 Stunden zu erreichen ist etwa die Höhle von Gargas, im kleinen Ort Aventignan, nahe St. Bertrand de Comminges. Anders als in Lascaux kann man in Gargas nicht nur einen Nachbau besichtigen, sondern wird in kleinen Gruppen durch die Originalhöhle geführt. Die Anzahl der Besucher ist zum Schutz der Malereien limitiert, deshalb sollte man vor dem Besuch telefonisch eine Führung reservieren.

 

Der Eingang zur Höhle befindet sich an einem Hang mit Blick über das Flusstal der Neste. Im Winter kann man sich sehr gut vorstellen, wie es hier vor 22.000 bis 29.000 Jahren aussah, als die Cro-Magnon-Menschen ihre Zeichnungen hinterließen: eine baumlose Tundralandschaft mit den vergletscherten Pyrenäen als Hintergrund, und natürlich war es deutlich kälter als heutzutage.

 

Das Besondere an dieser Höhle: man findet hier über 200 Handabdrücke von Männern, Frauen und Kindern, die um die 25.000 Jahre alt sind. Angefertigt wurden diese Abdrücke, indem die auf die Wand gelegte Hand mit roten, schwarzen oder ockerfarbenen Pigmenten "angeblasen" wurde, so dass sich die Hand als Umriss abzeichnete. Die Motive für diese Praktik sind rätselhaft - handelt es sich um eine Form der Zeichensprache, eine simple Unterschrift oder ein schamanistisches Ritual? Vielen Händen fehlen ein oder mehrere Fingerglieder. Haben die Schöpfer der Handabdrücke einzelne Finger während des Malens "eingeklappt" oder verstümmelten sie ihre Hände tatsächlich? Und wenn ja, warum?

 

Dieser Frage gingen kanadische Archäologen in einer Studie von 2018 nach: sie werteten Berichte von Ethnologen aus, die solche Praktiken bei indigenen Völkern des 19. und 20. Jahrhunderts auf der ganzen Welt beschreiben. Danach spricht vieles dafür, dass die Abdrücke in Gargas von absichtlich verstümmelten Händen stammen.

 

Mögliche Motive gibt es viele:

 

als Strafe - auch in Europa war es z. B. bis ins Mittelalter üblich, Dieben eine Hand abzuhacken, in einigen islamischen Ländern ist es dies noch heute. 

 

Häufig ist das Opfern amputierter Fingerglieder Teil einer religiösen Zeremonie oder von rituellen Tänzen, oft unter Drogeneinfluss: Männer bitten um Jagdglück, Frauen erhoffen sich, ein Kind zu bekommen. Auch aus Trauer über den Tod naher Angehöriger kommen Selbstverstümmelungen vor.

 

Und fehlende Fingerglieder können wie eine Visitenkarte zeigen, dass jemand einem Stamm oder einer Familie angehört oder einen bestimmten Beruf ausübt.

 

 

 

Nach der Führung erfährt man im Besucherzentrum Nestploria mehr über die Geschichte der Höhle und das Leben der Menschen in der Steinzeit.

 

Auf dem Rückweg nach Toulouse empfiehlt sich ein Abstecher ins Musée Aurignacien in Aurignac, wo bis zu 36.000 Jahre alte Spuren der ersten modernen Menschen in Europa gefunden wurden. Eine wichtige Fundstätte - immerhin wurde nach dem Fundort eine ganze Epoche der Menschheitsgeschichte benannt, eben das Aurignacien, das von 40.000 bis 31.000 vor unserer Zeitrechnung reichte. 

 

Informationen über aktuelle Veranstaltungen, Öffnungszeiten und Reservierungen:

 

http://www.grottedegargas.com/

http://www.musee-aurignacien.com/ 

 

Wer sich für die neuesten Forschungsergebnisse interessiert, findet den Bericht der kanadischen Archäologen hier (Achtung, nichts für empfindliche Gemüter!)